
Welche Ernährung ist während der Krebstherapie zu empfehlen? Ein sehr komplexes Thema, wie ich damals während meiner Krebstherapie 2018 selbst feststellen durfte. Von allen Seiten erhält man gut gemeinte Ratschläge. Ernähre dich während der Chemotherapie auf jeden Fall vegan, ketogen, verzichte auf Milchprodukte oder esse auf jeden Fall ganz viele Himbeeren 😉 Dinge, die wir hier vermutlich alle schon mal gehört haben. Aber sind wir mal ehrlich am Ende sind wir mit all den gut gemeinten Ratschlägen einfach nur noch überfordert, oder? So ging es zumindest auch mir damals.
Mein Weg zur Ernährung
Schon nach der 3. und 4. Chemotherapie rebellierte mein Magen komplett. Nichts wollte mehr drin bleiben. Ich nahm rapide ab und war am Ende nur noch Haut und Knochen. Ich musste etwas tun! Und so probierte ich bereits während der Krebstherapie einiges aus, hatte eine Ernährungslektüre nach der nächsten verschlungen und kam schon hier zu einem ganz einfachen Fazit: Das, was mein Körper jetzt am meisten braucht, sind die richtigen Nährstoffe. Lebensmittel und Nährstoffe, die den Körper in der schweren Zeit unterstützen und das Immunsystem stärken.
Doch welche Lebensmittel sind hier besonders geeignet? Generelles Problem unserer heutigen Ernährung besteht darin, dass über 50% unserer Ernährung aus Lebensmitteln besteht, die es früher gar nicht bei uns gab: Raffinierter Zucker, Weißmehlprodukte, gehärtete pflanzliche Fette sowie Konservierungsstoffe, die unsere Lebensmittel noch länger haltbar machen. Doch diese Bestandteile unserer Ernährung enthalten weder Proteine, Vitamine, Mineralstoffe oder Omega-3-Fettsäuren, die unser Körper dringend benötigt. In der Krebstherapie noch mehr denn je! So hat der Großteil aller Krebspatienten schon bei Diagnose einen akuten Nährstoffmangel. Hinzu kommt, dass die genannten Lebensmittel den Krebswachstum sogar eher fördern, statt zu hemmen. So entdeckte beispielsweise bereits 1930 der deutsche Biochemiker Otto Heinrich Warburg, dass der Stoffwechsel bösartiger Tumore stark auf den Verbrauch von Glukose (also Zucker) angewiesen ist. Kurz gesagt, Zucker ernährt das Gewebe und lässt es damit auch schneller wachsen. Zudem kann Zucker auch die Entzündungen im Körper begünstigen. Und so können wir hier schon einen ersten Fazit erkennen, worauf wir vielleicht in der Krebstherapie tendenziell schon mal verzichten 😉
10 Ernährungserkenntnisse, die ich während und nach der Krebstherapie hatte
- Mach dich nicht verrückt bezüglich irgendwelcher Ernährungsformen
Puh ich weiß noch genau wie viel gut gemeinte Ratschläge ich damals während meiner Therapie bekommen habe. Vegan, ketogen und Low Carb sind hier ganz groß im Rennen. Ich will damit auch nicht sagen, dass diese Ernährungsformen falsch sind. Hast du diese ganz bewusst gewählt und sie tut dir gut, dann ist das auch vollkommen okay. Doch kann man mit all diesen Ernährungsformen auch viel falsch machen, und so beispielsweise wichtige Faktoren außer Acht lassen, die am Ende kontraproduktiv sein können. Ernährst du dich Low Carb oder Ketogen musst du nämlich bewusst schauen, wie und mit welchen Lebensmitteln du beispielsweise deinen regelmäßigen Proteinbedarf deckst. Ernährst du dich vegan, sind verschiedene Vitamine und Mineralstoffe wie beispielsweise Vitamin B12 und Calcium große Themen und wie man sich diese bestenfalls über die Ernährung beschaffen kann. Ebenso greift man bei der veganen Ernährung schnell zu Sojaprodukten, die vielleicht für die eine Person gut sein können, für die andere (Beispiel stark hormonrezeptor positiver Krebs) wiederum eher kontraproduktiv sein können. Höre also am besten auf deinen Körper, versuche vielseitig zu essen und deinen Körper mit ausreichend guten Nährstoffen zu versorgen, ganz nach dem Motto „eat the rainbow“.
- Achte auf genügend „gute“ Proteine in deiner Ernährung
Laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung sollten mindestens 20% unserer Ernährung Proteine ausmachen. Bei Krebspatienten ist der Proteinbedarf sogar erhöht. So sind Proteine beispielsweise am Aufbau unserer Körperzellen und an vielen weiteren lebensnotwendigen Körperfunktionen beteiligt. Zudem sind Proteine wichtig für den Erhalt unserer Muskulatur und für unsere Immunabwehr. Das heißt also mehr Fisch und Fleisch essen? Halt stopp, nein! Gerade der Fleischkonsum sollte während der Therapie nämlich definitiv reduziert werden (deshalb ist eine pflanzenbasierte Ernährung auch gar nicht soo verkehrt 😉 ). So liegt der durchschnittliche Fleischverzehr bei uns Deutschen bei 1.000g die Woche. Empfohlen werden aber max. 300-500g die Woche und dass wir hier dann bestenfalls auf gute Bio-Qualität wert legen ist, glaube ich selbstverständlich, oder? Aber wie decken wir denn nun unseren Proteinbedarf, wenn wir den Fleischkonsum reduzieren? Reich an Proteinen sind beispielsweise Nüsse, Hülsenfrüchte und Getreideformen wie Quinoa.
- Nicht verzichten, sondern finden guter Alternativen
Ähnlich wie bei den Proteinen könnt ihr es auch bei den Kohlenhydraten und Fetten handhaben. Es geht nicht darum bewusst auf bestimmte Lebensmittel zu verzichten, sondern gute Alternativen zu finden. Greife z.B. statt Zucker zu alternativen Süßungsmitteln wie Agavendicksaft, Kokosblütenzucker etc. Greife statt Weizenprodukten lieber zu Vollkornprodukten oder Pseudogetreideformen wie Quinoa und Co. Wähle deine Fettquellen bewusst aus und versuche Transfette in z.B. Fertiggerichten, Chips und Co. zu meiden und lieber bewusst zu omega-3-reichen Lebensmitteln zu greifen.
- Mehr Obst & Gemüse essen
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt jeden Tag mindestens 250g Obst und 400g Gemüse zu sich zu nehmen. So wurde bereits eindeutig nachgewiesen, dass der Konsum von Obst und Gemüse z.B. Krebsformen im Magen-Darmtrakt, in den Atmungsorganen sowie von Blase, Nieren und Eierstöcken vorbeugen kann. Warum Obst & Gemüse so wichtig für uns ist? Aufgrund der Vielzahl an Vitaminen und Mineralstoffen. So werden während der Krebstherapie vor allem Kreuzblütler wie Brokkoli, Blumenkohl, Grünkohl, Kohlrabi oder Rosenkohl empfohlen. In Bezug auf Gemüse ist insbesondere alles, was grün ist (Stichwort Chlorophyll) oder orange ist (Stichwort Carotinoide) sehr zu empfehlen. Doch auch im Bereich Obst ist der Auswahl keine Grenzen gesetzt. Beeren (insbesondere Himbeeren 😉 ) werden vor allem wegen der enthaltenen Ellagsäure und der Polyphenole empfohlen.
Extra Tipp: Für die bessere Verträglichkeit + Erhalt der guten Nährstoffe, das Gemüse leicht Dünsten oder Dampfgaren. - Viel Trinken
Mindestens 1,5 -2 l pro Tag trinken. Am besten Wasser oder Kräutertee. Ist euch Wasser zu geschmacksneutral dann versucht es doch einmal mit Infused Water. Ingwerwasser, Zitronenwasser oder Wasser mit Minze oder Gurke kann ich hier z.B. Sehr empfehlen.
- Ausreichend Vitamin D zu sich nehmen
Bei Diagnosestellung hat der Großteil der Krebspatienten einen Vitamin D Mangel. Vitamin D ist wichtig für unseren Stoffwechsel, unsere Knochen und unser Immunsystem. Zudem hat Vitamin D aktiven Einfluss auf unseren Hormonhaushalt. Lasst hier hingehend also bestenfalls eure Blutwerte prüfen. Im Blut sollte bestenfalls eine Konzentration zwischen 35 und 60 ng/ml Vitamin D vorhanden sein. Ist dies nicht der Fall, solltet ihr zusammen mit eurem Arzt die Möglichkeit einer Supplementierung besprechen.
- Integriert mehr Kräuter & Gewürze in eure Ernährung
Knoblauch, Zwiebeln, Lauch, Schalotten, Schnittlauch, Kresse, Sprossen und Co. – all diese Kräuter solltet ihr nun bewusst mehr in eure Ernährung integrieren. Zudem sind auch Gewürze wie Ingwer und Kurkuma sehr hervorzuheben. Kurkuma besitzt z.B. leberschützende Eigenschaften und wirkt antibakteriell und entzündungshemmend. Bereits eine Messerspitze oder 1 TL Kurkuma haben hier bereits einen positiven Effekt und sind vollkommen ausreichend.
- Alkohol reduzieren
Und wenn wir gerade beim Thema Leber sind. Chemotherapie und die vielen Medikamente werden insbesondere über die Leber abgebaut. Um diese nicht noch weiter zu schwächen, empfehle ich den Alkoholkonsum zu reduzieren oder sogar während der Therapie komplett einzustellen. Dass Alkohol keine guten Eigenschaften hat und uns auch nicht mit guten Nährstoffen versorgt, sollte nichts Neues sein 😉
- Ballaststoffreich essen
Um neben der Leber aber auch unseren Magen-Darm Trakt, der unter der Chemotherapie sehr in Mitleidenschaft gezogen wird, etwas Gutes zu tun sollten wir mehr Ballaststoffe zu uns nehmen. Ballaststoffreiche Lebensmittel sind z.B. Haferflocken, Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen.
- Bitterstoffe
Probiert mehr Bitterstoffe in eure Ernährung zu integrieren. Die Bitterstoffe in Gurke, Radieschen, Sprossen, Ingwer, Löwenzahn und Rucola sind reich an guten Nährstoffen und helfen beispielsweise auch gegen die Übelkeit.
Und wieso ich mich nun seit Ende der Chemotherapie basisch bzw. basenüberschüssig ernähre und wie mir dies geholfen hat schnell wieder fit zu werden, das erzähle ich euch bald in einem weiteren Blogpost.
Darüber hinaus möchte ich an dieser Stelle gern auf meine Online-Seminare zum Thema Nährstoffe und Säure-Basen-Haushalt verweisen, in der ich die Möglichkeit habe euch weiteren und viel detaillierten Input zum Thema Ernährung geben zu können. Klar hilft es schon einmal zu wissen, welche Lebensmittel uns guttun, langfristig hilft es uns bei der Ernährungsumstellung aber noch mehr zu wissen WARUM diese Lebensmittel uns helfen. In meinen Seminaren habe ich die Möglichkeit noch tiefer in die Materie zu gehen und euch praktische Tipps für den Alltag mitzugeben.
Eine Übersicht zu meinen aktuellen Ernährungsseminaren findet ihr hier.
Bleibt fit und gesund

Sehr umfangreiches und interessantes Thema. Mir selber war nicht bewusst dass so viel dahinter steckt. Schön darüber eine Zusammenfassung zu lesen. Bin immer dankbar, wenn ich mich im Punkt Ernährung weiterbilden und einfach informieren kann 😊 Danke für den tollen Beitrag 💕
Danke liebe Caro, dass du es so neutral und gut zusammengefasst hast! Ich hab mich während der chemo auch in einem großen Irrgarten der Ernährung gefunden. Viel wird dogmatisiert, danke dass du das nicht tust und einen sinnvollen Und wertvollen Einstieg in dieses wichtige Thema gibst. Es kommt ja auch immer auf die Therapie an, teilweise darf man ja leider auch nicht alles essen. Aber deine Tipps sollte sich finde ich jeder zu Herzen nehmen, auch ohne Erkrankung 🙂
Danke dir
Interessanter Artikel da frage ich mich immer wieder wie haben sich die Menschen denn vor ihrer Erkrankung ernährt?
Ich bin von Kindesbeinen an mit gesunder und ausgewogener Ernährung aufgewachsen. Jetzt mit 38 erhalte ich die Diagnose Brustkrebs bis zum Ende meiner Chemo hatte keine Probleme. Den besten Rat den mir eine Schwester im Krankenhaus gegeben hat „gönnen Sie sich das, vorauf sie Lust haben“
Liebe Caroline, warum sind Sojaprodukte bei stark hormonrezeptor positiver Krebs kontraproduktiv? Liebe Grüße Sonja
Weil diese Phytoöstrogene enthalten, die in größeren Mengen Einfluss auf den Hormonhaushalt nehmen können