Und die Angst bleibt…

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August Review

Dachte ich noch am Anfang der Diagnose, dass ich im August sicher fertig bin mit der Therapie und so langsam wieder zurückkehren kann ins „normale Leben“, denke ich mittlerweile ganz anders darüber. Mir war klar, dass der Kampf gegen den Krebs kein leichter wird, aber dass er wirklich so schwer und langwierig wird, hätte ich nicht gedacht bzw. wollte ich wohl einfach nicht wissen. Am Anfang ist man ja noch leichtgläubig und denkt, dass Brustkrebs mittlerweile eine so gut erforschte Krebsart ist und die Ärzte sich einfach an ihren Leitlinien lang hangeln können und man anschließend geheilt ist. Brustkrebs ist jedoch nicht gleich Brustkrebs! Es gibt mittlerweile so viele Formen und Arten von Brustkrebs (genetisch bedingt, hormonell bedingt, triple negativ etc.) und es kommt immer wieder zu neuen Erkenntnissen. Die Forschung ist mittlerweile schon weit (ein Glück!), wird aber hoffentlich in den nächsten Jahren noch viel weiter sein. Fakt ist: Mehr als 70.000 Frauen in Deutschland erkranken laut Statistik heutzutage an Brustkrebs und etwa 17.000 Frauen sterben pro Jahr an Brustkrebs. Und genau der zweite Punkt macht mir Angst. Verdammt große Angst!

Mit genau dieser Angst startete ich nach wie vor in den August. Mein zu behandelnder und operierender Arzt war noch im wohl verdienten Urlaub und ich musste noch ganze 2 Wochen bis zu meiner Nachresektion der Brust warten. Nachresektion daher, weil man leider nicht mit 100%iger Sicherheit sagen konnte, dass alle Tumorzellen entfernt worden sind. Eigentlich erschreckend. Da habe ich schon 2 große OPs inklusive Mastektomie und eine Chemotherapie hinter mir und die Ärzte sagen mir nun, dass es immer noch Resttumorgewebe in mir geben könnte. Also wurde ich Mitte August noch einmal operiert. Der Eingriff wurde unter Vollnarkose in weniger als 1 Stunde gemacht und am nächsten Tag durfte ich das Krankenhaus sogar bereits wieder verlassen. Nach einer Woche weiterer Angespanntheit bekam ich dann das pathologische Ergebnis mitgeteilt. Sie konnten keine weiteren Tumorzellen mehr finden. Aufatmen! Freude! Leben! Erleichterung machte sich bei mir und meinem Freund breit und ich musste sofort meine Mutter anrufen um ihr diese freudige Nachricht zu übermitteln 🙂 Allerdings hielt sich diese Freude dann doch erst einmal in Grenzen. All die schlechten Nachrichten, welche die letzten Monate auf mich prasselten und mit denen ich irgendwie zurechtkommen musste, haben mich irgendwie abstumpfen lassen. Ich habe Angst mich zu sehr zu freuen, weil ich einfach Angst vor einem weiteren großen Niederschlag habe. Ich glaube das ist einfach der Selbstschutz, der sich da anschaltet. Und mit dieser Angst muss ich wohl einfach leben und lernen damit umgehen zu können. Irgendwie schlummert der Krebs ja doch in mir und man möchte die Kontrolle über seinen eigenen Körper zurück. Diese Kontrolle probiere ich über einen gesunden bzw. noch gesünderen Lebensstil als vorher 😉 zurück zu erlangen.

Was ich natürlich hoffe ist, dass diese Abgestumpftheit zurück geht. Nach mehrerer Monate Krebstherapie kommt man aber wahrscheinlich auch nicht daran vorbei. Man möchte einfach nur noch funktionieren, durchhalten und vor allem LEBEN! Vielleicht haben diese Gefühle auch etwas mit der Anti-Hormon-Therapie zu tun?! Ich kann es euch nicht sagen. 2 Monate nehme ich nun Tamoxifen und erhalte zusätzlich die Zoladex-Spritze. So langsam gewöhnt sich mein Körper daran. Doch an Gefühlsschwankungen, Hitzewallungen, morschen Knochen und schlaflosen Nächten komme auch ich nicht vorbei. Hallo Wechseljahre!

Und jetzt fragt ihr euch weshalb ich bei all den Dingen immer noch so positiv bleiben kann? Es gibt doch nur die 2 Optionen: Entweder lasse ich mich komplett hängen und gebe mich selbst auf oder ich versuche mit der aktuellen Situation und der Angst zurecht zu kommen und lebe einfach! Und auch wenn es mir nicht immer einfach fällt und auch ich meine Tiefpunkte habe, ich gebe nicht auf und probiere das Leben in vollen Zügen zu genießen. Jetzt erst Recht! „Leben“ hat für mich eine ganz neue Bedeutung bekommen. Man lebt viel bewusster und weiß die kleinen Dinge viel mehr wertzuschätzen. Eine Sache über die ich immerhin sehr dankbar bin. Was wir nämlich alle tun sollten, ist bewusster Leben! Es gibt so viele kleine Dinge im Leben über die es sich gar nicht lohnt sich aufzuregen und sich den Tag vermiesen zu lassen. Wir alle gehen mit so einer Grundgestreßtheit in den Alltag und haben immer höhere Ansprüche an uns selbst, denen wir nicht gerecht werden können. Habt ihr morgens mal wieder die Bahn verpasst und sprintet um noch gerade so in die nächste hüpfen zu können? Lasst es sein! Nur weil ihr 5 Minuten zu spät kommt wird euch keiner den Kopf abreißen. Viel eher startet ihr schlecht in den Tag, weil ihr morgens keine Zeit mehr für den Kaffee hattet oder euch den Streß gegeben habt um extra zur Bahn zu sprinten. Ihr seid unzufrieden mit eurer Leistung im Job/Studium oder Job? Dann macht euch doch einmal klar wie weit ihr es vielleicht eigentlich schon geschafft habt! Meist setzen wir uns Ziele und so bald wir sie erreicht haben sind wir immer noch unzufrieden und wollen dann doch wieder mehr und mehr erreichen! Warum? Für wen? Leute, lebt eure Leben und vergesst nicht, dass ihr nur das eine habt!

Und genau das habe ich die letzten Wochen versucht. Mein Leben zu Leben! Dadurch, dass ich Anfang August erst einmal keine weiteren Arzttermine hatte, konnten wir es auch endlich einmal nutzen und für ein paar Tage „Urlaub“ machen. Urlaub am Meer! So zog es mich und meinen Freund für ein paar Tage nach St. Peter-Ording und es war Balsam für die Seele pur. Ich hatte es endlich geschafft den Kopf frei zu bekommen und mir eine „Pause“ vom Krebs zu gönnen. Eine Pause, die sehr wichtig ist! Aktuell bestimmt nämlich immer noch der Krebs meinen Alltag. Und so tat die kleine Auszeit nicht nur mir, sondern auch meinem Freund echt gut! Mittlerweile sind wir allerdings schon längst wieder zurück in der Realität angekommen. Im September werden wir meine Bestrahlungstherapie genau definieren. Bis dahin probiere ich mich von den OPs zu erholen und meinen alten und morschen Chemo-Körper so langsam wieder fit zubekommen…

 

4 Kommentare zu „Und die Angst bleibt…

  1. Vielleicht kannst Du die Strahlentherapie einfach als eine Art Zusatzversicherung sehen, die ein geringes Restrisiko abdeckt, das minimale Risiko eines Rezidivs. Eine Versicherung hat ja die Aufgabe, beruhigend zu wirken. Man weiß, es wird zu 99 Prozent nichts passieren, doch für das eine Prozent habe ich noch ein Netz, das den Schaden, in dem Fall am Gewebe, reguliert und absichert. Natürlich kann es sein, dass alleine die Ernährung den Krebs besiegt hätte. Gerade Pflanzen wie Beifuß und Mutterkraut oder Obst, wie Himbeeren, können Krebszellen am Wachstum hindern. Doch die Maßnahmen der Schulmedizin sind eine Versicherung und die kosten nicht nur Geld, sondern in dem Fall auch Lebensqualität, Kraft und Energie. Doch am Ende ist man beruhigt, da man alles getan hat, was im Angebot ist und sich nicht nur auf eine Alternative verlässt. Ich sehe Deinen Weg mehrgleisig zu fahren, gerade mit der Ernährung und Deinem beispielhaft starken Mindset, als Weg zum Erfolg. Ich sende Dir alle Energien, die mich durchströmen, damit Du diesen Weg zum baldigen Erfolg der vollständigen Genesung weiter gehen kannst. Denn Du gehst diesen Weg nicht nur für Dich, sondern für uns alles. Alles Liebe Roger

  2. Wirklich ein toller Beitrag. Ich bewundere deine Einstellung und wünsche dir ganz viel Kraft für die Zukunft! Mir hat mal jemand gesagt: „Legt dir das Leben Steine in den Weg, dann bau was Schönes draus.“ An diesen Spruch musste ich denken, als ich deinen Beitrag gelesen habe. Ich weiß, dass es nicht immer einfach ist die Dinge positiv zu sehen… Nein, es ist manchmal echt richtig scheiße schwer die Dinge positiv zu sehen. Aber wie du schon sagst, du hast gelernt auch die kleinen Dinge wirklich zu schätzen und das ist etwas was viele von uns nicht können.
    Wie gesagt, ich wünsche dir ganz viel Kraft!
    Grüße!

  3. Ich hatte 2016 mit 53 Jahren die gleiche Diagnose. Chemo, beidseitige Mastektomie mit Wiederaufbau und eine ein Jahr spätere Entfernung der Eierstöcke aufgrund eines anderen Gens. Allerdings blieb mir die Bestrahlung erspart. Dafür hab ich eine sechs monatige Chemotherapie in tablettenform machen müssen. Meine Anti-Hormontherapie dauert noch bis Juli 2022 an. Ich war in einer Studie und bekam wöchentliche Chemotherapien! Die waren sehr verträglich und ich war nach 5 Stunden Chemo zwar sehr müde, aber manchmal auch so gut drauf, das ich sogar noch auf einen Kindergeburtstag ging. Ich bin mit meiner Krebsdiagnose immer offen umgegangen. Ich wollte kein Mitleid sondern Verständnis! Und damit bin ich sehr gut gefahren!! Und ich bin Tage vor einem Nachsorgetermin auch immer durch den Wind. Letzten November gab es wieder einen Verdacht, der sich aber nicht bestätigt hat. Es war nur Narbengewebe!! Nach über 16 Monaten Krankheit fing ich wieder in kleinen Schritten zu arbeiten an. Und das hat mir sehr gut getan. Obwohl die Chemo ihre Spuren hinterlassen hat. Aber damit habe ich mich arrangiert. Ich muss damit leben und habe gelernt damit umzugehen. Es gibt immer Momente, die einen versuchen runter zu ziehen. Aber dann sag ich mir, lass dich nicht hängen, du hast dich ja auch nicht während der Chemo gehen lassen und die für dich wichtigen Entscheidungen getroffen!!
    Ich habe Kolleginnen, die das nicht so sehen und auch nicht nachvollziehen können, wie ich damit umgehe. Aber mir geht es gut damit, und das ist für mich das Wichtigste!!
    Du bist auch Deinen Weg gegangen. Den Weg, der für Dich am besten ist!! Weiter so!!!
    Liebe Grüße
    Sylvia aus der Vündte

    1. Oh liebe Sylvia vielen lieben Dank für diesen bereichernden Beitrag! Du hast Recht, jeder muss da seinen Weg finden! Verrückt machen bringt aber definitiv auch nichts 😄
      Ich wünsch dir nur das Beste und keine weiteren solcher Schocknachrichten mehr.
      Alles Liebe
      Caro

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